hr-iNFO Büchercheck: Flammenwerfer von Rachel Kushner

hr-iNFO Büchercheck: Flammenwerfer von Rachel Kushner

16.04.2015

 

Rachel Kushner, 1968 in Oregon geboren, ist der neue Literaturstar der USA. Sie wäre fast Profiskifahrerin geworden. Kushner liebt jede Form von Geschwindigkeit und das Motorradfahren. Ihr zweiter Roman „The Flamethrowers“ war eines der meistdiskutierten Bücher des Jahres 2013 und ist nun unter dem Titel „Flammenwerfer“ auf Deutsch erschienen. hr-iNFO Bücherchecker Alf Mentzer hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
Flammenwerfer ist ein Roman über Kunst und Revolte im New York der 70er Jahre. Geschwätzige Selbstdarsteller treffen auf idealistische Politaktivisten, naive Hinterwäldlerinnen auf rücksichtlose Machotypen. Wir erleben das Ganze aus der Perspektive einer jungen Frau, die sich am liebsten auf dem Motorrad durch diese schillernde Welt bewegt. Reno wird diese junge Nachwuchskünstlerin genannt, weil sie aus eben dieser Stadt im mittleren Westen nach New York gekommen ist. Sie beginnt eine Affäre mit Sandro, erfolgreicher Bildhauer und Spross einer italienischen Industriellenfamilie, womit sich der Fokus des Romans auch nach Europa richtet, wo Reno an Studenten- und Arbeiterprotesten teilnimmt, die zusehends radikaler werden und immer geht es dabei um die Frage: ist das noch Kunst oder ist es schon Revolution?
Wie ist es geschrieben?
„Flammenwerfer“ ist ein rasant geschriebener Roman, voll mit temporeichen Dialogen, in denen Rachel Kushner den Jargon der New Yorker Kunstszene genauso nachbildet wie den ätzenden Snobismus des italienischen Geldadels. Das sollte man am besten laut lesen, dann ist man plötzlich mittendrin in dieser skurrilen, wilden Welt der 70er.
„Auf der Moto Valera durch die Straßen New Yorks zu fahren, hatte etwas von einer Performance, die sich unverfälscht anfühlte. Es machte die Stadt zu einer Bühne, zu meiner Bühne, obwohl ich mich nur von einem Ort zum nächsten bewegte. Ronnie meinte, manche Frauen sehe man am besten aus dem Fenster eines zu schnell fahrenden Wagens. Aber vielleicht waren Frauen überhaupt zum Vorbeisausen gedacht, bloß ein verschwommener Fleck. Blitz und weg waren sie. Es war nur ein Motorrad, aber es fühlte sich an wie eine Daseinsform.“
Wie gefällt es?
„Flammenwerfer“ liefert das präzise Porträt einer Ära, in der Kunst und Kapital noch keine Geschäftspartner sondern Gegenspieler waren, eine Zeit, in der sich die Kunst als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln verstand und politischer Protest eine Form des künstlerischen Happenings war. Erstaunlich ist dabei, wie aktuell dieser Roman ist, denn die Dynamik von Protest und Radikalisierung, die Kushner hier analysiert, führt geradewegs zu den Antikapitalismus-Protesten unserer Tage. Ein fesselndes, ein mitreißendes Buch.

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gebundenes Buch, 556 S.
Sprache: Deutsch
Rowohlt Verlag
ISBN: 9783498034191